Viele Menschen gehen ins Theater, um sich in einer Geschichte zu verlieren und ihre Sorgen im Alltag vorübergehend zu vergessen. Sie wollen eine andere Welt erleben und genau das ermöglicht immersives Theater vielleicht sogar so gut, wie kein anderes.
Londons Silent Opera hat vor kurzem eine digital neu interpretierte Version von Mozarts Klassiker „Don Giovanni" nach Beijing gebracht. Das Publikum kann als Teil der Show quasi die letzten Stunden dieses ultimativen Verführers miterleben.
„Die Zuschauer bekommen damit eine engere Beziehung zur Bühne und können noch stärker in die Geschichte einsteigen. Damit können wir auch die Story intensiver und emotionaler erzählen."
Daisy Evans hat die Silent Opera gegründet. Die Idee, dem Publikum mehr Freiheiten zu geben, existiert in vielen Industrien. Und Live-Performances holen auf, meint Ziggy Jacobs-Wyburn, technische Designerin von „Don Giovanni".
„Diese Entwicklung passiert in so vielen Branchen. Wir haben eine größere Umwelt und mehr Raum zum Ausprobieren, aber in der live Performance scheint das nicht so schnell anzukommen. Vor allem in der Oper. Deshalb wollen wir dieses Element der sozusagen freien Wahl und der Agenturen in die Oper bringen, die da traditionell nicht anbot. Wir wollen den Leuten eine Möglichkeit geben, in die Oper einzusteigen, richtig tief drin zu sein."
Beim immersiven Theater sind die Zuschauer nicht passiv. Sie sind ein Teil der Geschichte. Und einer der Vorteile der immersiven Erfahrung sei, dass die Zuschauer immer näher an die Bühne heran kommen dürften, sagt Daisy Evans:
„Wir ermutigen die Zuschauer gerne, aufzustehen und herumzulaufen, wenn sie etwas nicht deutlich sehen können, dann sollen sie nicht sitzen bleiben. Man sollte seine eigenen Erfahrungen mitbestimmen wollen, wie sie ja auch für einen gestaltet werden."
Mit dem immersiven „Don Giovanni" testen die Macher am Publikum in Beijing neue Grenzen aus. Ko-Programmdirektorin Zou Shuang erklärt:
„Das Beijinger Publikum sucht immer nach etwas Neuem, um die Sinne zu stimulieren. Und diese spezielle Version von 'Giovanni' könnte ein guter Anfang für sie sein, die Oper besser kennenzulernen, die ja häufig als Kunst für Intellektuelle angesehen wird. Und diese Avantgarde-Truppe aus dem Ausland ist auch eine Inspiration und Motivation für lokale Künstler."
Im Juni debütierte das neue Werk von Regisseur Meng Jinghui „Mermaid Besides Still Water", das erste immersive Theaterstück in China. Kritiker urteilten, dass sich diese Form der Aufführung hier noch in einer experimentalen Phase befinde. Aber es sei vorstellbar, dass das immersive Theater durchaus eine Option für die zukünftige Theaterproduktion werden könne.
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