Dieser etwa zweistündige Spaziergang führt durch das alte Geschäftszentrum: zunächst zur Antiquitätengasse Liulichang, dann weiter zur Dashalan, wo renommierte Ladengeschäfte, die noch aus der Kaiserzeit stammen, mit kunstvollen Fassaden prunken. Zum Abschluss bietet sich ein Besuch des Stadtplanungsmuseums an.
Gehen Sie von der U-Bahn-Station Heping Men durch die Nan Xinhua Jie nach Süden. Nach fünf Minuten sind Sie an der Liulichang, der Gasse der Antiquitätenhändler. Wenden Sie sich zunächst nach rechts, also nach Westen.
Auch wenn Sie entschlossen sind, sich vom Angebot der Läden nicht verführen zu lassen, also keinen Pinsel, keinen Jadereif, kein Schnupftabakfläschchen und auch kein Lackdöschen zu kaufen, dürfen Sie doch nicht versäumen, ein paar Läden zu betreten, vor allem die Nr. 19 (größtes Gebäude rechts) und folgende, denn dort, verteilt auf mehrere Adressen, residiert die traditionsreiche und renommierte Kunsthandlung Rongbao Zhai mit ihrem konservativen Sortiment.
Beachten Sie die riesigen Tuschsteine, die goldverzierten Tuscheblöcke sowie die aus eigener Werkstatt stammenden Farbholzschnitte. Versäumen Sie nicht, wo immer es geht, auch ins Obergeschoss zu steigen, denn dort hängen Originale von Tuschbildern und Kalligrafien bekannter chinesischer Künstler der Gegenwart.
Von den Straßenhändlern können Sie, wenn Sie feilschen, manch hübsches Andenken für wenig Geld erstehen, aber lassen Sie sich nichts Teures als angeblich echt antik aufschwatzen. Kehren Sie dann um, überqueren Sie die Hauptstraße (die bis 2004 nur halb so breit war), und wenden Sie sich der längeren Liulichang-Ost zu.
Gleich am Anfang rechts das erste Haus verdient Ihr Interesse: Es ist Jigu Ge, der größte Spezialist für Repliken. Im Obergeschoss lädt eine Teestube zur Rast ein. Man ist auf Ausländer eingestellt - wie leider auch die Preise bezeugen. Wenn Sie die Ost-Liulichang weiter gehen, beachten Sie links in Nr. 65 Ten Fu, den Teeladen mit Verkostung, statten Sie in Nr. 28 dem wunderschönen Seladonladen einen Besuch ab und gehen Sie durch den Torweg von Nr. 29: Dort ist rechter Hand der Saal der Pekinger Schattenspieler. Wenn Sie Glück haben, können Sie sie in Aktion erleben - leider werden keine regelmäßigen öffentlichen Vorführungen gegeben. Letztes Ziel weiter Richtung Osten ist rechts in Nr. 14 das private Schnitzwerkmuseum Songtang Zhai (Mo geschl.). Auf zwei Etagen ist es vollgestopft mit exquisiten Steinmetz- und Holzschnitzarbeiten - ein Ergebnis von über vier Jahrzehnten engagierter Sammlertätigkeit.
Biegen Sie nun nach rechts ab und gleich wieder nach links. Hier ist die Welt der Antiquitätenhändler zu Ende. Die Gasse, die Sie nun entlanggehen, hat noch etwas Altpekinger Flair. Behelfsbauten bezeugen die Unfähigkeit der verflossenen Mao-Ära, für ausreichend Wohnraum zu sorgen. Auch das Leben der Bewohner scheint von der Hektik der modernen Metropole noch kaum berührt zu sein: Eine ganz neue Einrichtung sind allerdings sind die Mahjongg-Salons, von denen es hier mehrere gibt - achten Sie auf das Klacken der Steine!
Am Ende der Gasse rechtsab wird es lebendig mit Lokalen, Läden, Lautsprechermusik. Rechter Hand sehen Sie ein Geschäft, das „Gesundheitspflegeartikel“ führt - gemeint ist ein Sexshop. Total angesagt, finden sich ähnliche Läden heute in allen Stadtvierteln. Dieser hier hat Tag und Nacht geöffnet.
Gleich an der nächsten Kreuzung geht's wieder nach links. Vor Ihnen liegt die Dashalan, die quirligste Altpekinger Einkaufsgasse und die erste echte Fußgängerzone der Stadt. Gleich rechts fällt ein Haus mit hoher Fassade auf: Das Daguan Lou, wo 1905 der erste chinesische Film gezeigt wurde, ist der Geburtsort des chinesischen Kinos. Das Gebäude hier ist freilich ein Nachbau von 2005. Inschriften auf Englisch und Chinesisch erläutern die Fakten. Wenige Schritte weiter steht links die Fassade eines Kaufhauses aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg - der Laden dahinter ist neu. Chinesisch-englische Aufschriften verkünden, was es hier einmal gab, zum Beispiel „New clothes in all latest fashions“.
Die imposante Fassade gegenüber, ein echtes Prunkstück, gehört zu einem Schuhgeschäft, aber nicht zu irgendeinem: Neiliansheng wurde 1835 gegründet und belieferte die im Palast diensttuenden Beamten. Der Firmenname heißt so viel wie „Zur fortgesetzten Palastkarriere“, er besagt mit anderen Worten: Mit unseren Schuhen gewinnen Sie kaiserliche Gunst. Eine kleine Ausstellung im dritten Stock informiert über die Geschichte der chinesischen Fußbekleidung. Noch heute fertigt Neiliansheng Schuhwerk alten Stils an, darunter auch kunstvoll bestickte Damenpumps.
Fast noch berühmter ist die Firma hinter der nächsten Prunkfassade, etwa 60 m weiter auf derselben Seite: Die altrenommierte Apotheke Tongrentang. Drinnen fährt eine Rolltreppe hinauf zu den traditionellen Arzneimitteln wie getrockneten Seepferdchen, Unsterblichkeitspilzen und wild gewachsenen Ginsengwurzeln zum Preis einer kleineren deutschen Eigentumswohnung. Übrigens sollten Sie sich von den Fassaden des Schuhgeschäfts und der Apotheke nicht täuschen lassen: Die Gebäude sind keineswegs so alt wie die Firmen, sondern wurden in den Neunzigerjahren des 20. Jhs. neu errichtet. Die Gegend steht unter Milieuschutz, was auch bedeutet, dass Neues auf alt getrimmt wird.
Noch ein berühmter Laden folgt, diesmal auf der linken Seite: An seiner barock geschwungenen, historischen Fassade erkennen Sie Ruifuxiang, einst Pekings feinstes Seidengeschäft.
Was nun kommt, war bei Redaktionsschluss noch nicht ganz klar, denn von hier aus ostwärts wurde 2006 ein riesiges Stück Altstadt geräumt und abgerissen. Nun entsteht es im alten Stil neu - als Touristen-attraktion. Die Hauptstraße Qianmen Dajie wird zur Fußgängerzone, auf der eine Nostalgietram nach einem Vorbild aus den 1920er-Jahren gratis verkehren soll. Sicher finden Sie hier auch eine große Auswahl an traditionellen Restaurants und Imbissen. Der Autoverkehr fließt nun über parallel zur alten Achse geschlagene Schneisen.
Nachdem Sie sich in einem der Lokale gestärkt haben, führt Ihr Weg nun nordwärts auf den Geschützturm des Vorderen Tors (Qianmen) zu. Seine seltsamen weißen Balkone und Gesimsbänder verdankt es übrigens einer Umgestaltung durch den deutschen Architekten Curt Rothkegel - im Jahr 1915! Vor dem Stadttor überspannt ein Schmucktor die Straße - eine Neukonstruktion, nachdem das Original schon vor Jahrzehnten der sozialistischen Umgestaltung zum Opfer gefallen war.
In altem Glanz präsentieren sich rechts am Torplatz nach gelungener Restaurierung Turm und Fassade des hundert Jahre alten Ostbahnhofs.
Den Tian'anmen-Platz geradeaus sollten Sie separat besichtigen. Als Abschluss des Spaziergangs empfiehlt sich vielmehr das Stadtplanungsmuseum (Beijing Planning Exhibition Hall), das Ihnen das zuvor Gesehene und Erlebte in eine größere historische Dimension rückt.
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