Nach so vielen Jahren der Entwicklung macht das chinesische Qipao heute noch große Veränderungen durch.
Anstelle seines charakteristischen Mandarin-Ausschnitts wartet das Kleid mit U- oder V-Ausschnitt oder mit quadratischem Ausschnitt auf. Manchmal fehlt der normalerweise vorhandene Rockschlitz. Bei einigen Abendkleid-Versionen sind die Ärmel in stufige Rüschen verwandelt, der Rücken ist völlig frei oder es hat einen Wassernixen-Rock mit Schleppe.
"Das Qipao von heute kann je nach dem Alter der Trägerin oder je nachdem, zu welcher Gelegenheit es getragen wird, variieren", so Guo Pei, die als Chinas beste Haute-Couture-Designerin angesehen wird.
Für den Auftritt von Filmstar Zhang Ziyi beim Start der Fackelstaffel für die Olympischen Spiele 2008 in Beijing entwarf Guo ein weißes Nackenband-Qipao. Der zeitgenössische Schnitt von Ausschnitt und Ärmeln wurde mit Stickerei von chinesischen Symbolen gekrönt: Ein Drache und ein Kranich. "Wenn man das Verständnis des Qipao auf einige kleine Elemente oder Details beschränkt, dann versteht man das chinesische Kleid nicht wirklich", so Guo in einem Telefoninterview. "Aber das Qipao hat immer noch spezielle Elemente, die es von westlichen Kleidern unterscheidet, beispielsweise seinen simplen Stil und den körperengen Schnitt."
Die Wiedergeburt des Qipao Anfang des 20. Jahrhunderts – eine Mischung aus Mode der Qing-Dynastie (1644-1911) und westlicher Schneiderei – scheint manchmal nicht so einfach. Designer mussten den Geschmack von gehobeneren, globalisierten chinesischen Kundinnen berücksichtigen und auf eine neue Generation junger Frauen eingehen. "Jüngere Kundinnen wählen trendigen Twist, um nicht mit dem Stil ihrer Mütter in Verbindung gebracht zu werden", so Antoine Neufmars, französischer Modemacher in Shanghai, der für chinesische Mode- und Lifestyle-Magazine arbeitet. Ausländer, so Neufmars, ziehen dagegen den traditionellen Look des Kleids vor. Dasselbe gilt für die Wahl der Materialien. Sie mögen Stoffe wie Seidenbrokat mit Aufdrucken wie Lotus, Pfingstrose und Chrysantheme.
Die Wiedererfindung des Qipao scheint auch ein Versuch zu sein, dessen Image im 21. Jahrhundert neu zu definieren. Das Kleid, das in den 1920er Jahren aufkam und schon bald zur täglichen Kleidung wurde, verschwand während der revolutionären Begeisterung in den '60er und '70er Jahren aus der Öffentlichkeit. Das Kleid kam in den '80er Jahren wieder auf, konnte die vorherige Popularität allerdings nicht mehr wiedergewinnen. "Das Kleid wird mit Messehostessen in Verbindung gebracht, eine Art 'Uniform', die schnell gewöhnliche Frauen isoliert hat", so Liu Qi, Dozent am Beijinger Institut für Modetechnologie und Kurator am Museum für Ethnische Kostüme an dem Institut.
Frauen tragen heute das Qipao vornehmlich zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten, Feiern zum Frühlingsfest oder internationalen Versammlungen. Manchmal mag es vorkommen, dass das Qipao gar nicht mehr als solches wiederzuerkennen ist.
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